Südtiroler Qualtiätsprodukte noch bekannter machen und damit die Wertschöpfung steigern: Das ist eines der Ziele von IDM Südtirol. Foto: Klaus Peterlin

„Wir sind eine Ideenschmiede“

IDM Südtirol ist für die Bewerbung Südtiroler Qualitätsprodukte ein wichtiger Akteur im Land. Seit Anfang 2024 leitet der Kastelruther Thomas Fill den Bereich Agrar und ist damit erster Ansprechpartner, wenn es darum geht, Südtiroler Qualitätsprodukte in ein gutes Licht zu rücken.

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Wirtschaft

IDM: Das sind drei Buchstaben, die hierzulande längst geläufig sind und vor allem im vergangenen Jahr für einige politische Diskussionen gesorgt haben. Was genau sich hinter dieser Abkürzung verbirgt, ist vielen jedoch nach wie vor nicht klar. Das mag auch daran liegen, dass sich schon in der Langfassung der drei Buchstaben drei englische Begriffe zeigen, die auf den ersten Blick wenig greifbar sind: „Innovators. Developers. Marketers“, auf gut Deutsch: Menschen, die sich mit Innovation beschäftigen, etwas entwickeln und sich mit Vermarktung auseinandersetzen. Aber was bedeutet das nun konkret? Warum werden so viele öffentliche Gelder in diese Institution gesteckt? Und was hat das alles mit Qualitätsprodukten aus Südtirol zu tun?

Was die Ziele und Visionen von IDM Südtirol sind
Um Antworten auf diese und weitere Fragen zu finden, lohnt sich ein Blick auf die Internetseite von IDM Südtirol. Unter idm-suedtirol.com erfährt man allerhand über die Vision, Südtirol zum begehrtesten nachhaltigen Lebensraum Europas zu machen. Laut Eigendefinition zählen zu den Kernkompetenzen von IDM Südtirol Nachhaltigkeit, Marketing, Innovation, Internationalisierung und Digitalisierung. Und man merkt an den vielen ausdrucksstarken Bildern, dass neben der schönen Landschaft auch Lebensmittel aus Südtirol eine bedeutende Rolle in der Philosophie von IDM Südtirol spielen.

Vom Weltenbummler zum Chef von IDM Agrar
Im Bereich Agrar auf der Webseite von IDM erfährt man, dass hier Marketing­maßnahmen für landwirtschaftliche Qualitätsprodukte aus Südtirol geplant und umgesetzt werden. Seit Jänner 2024 hat der Bereich Agrar bei IDM Südtirol einen neuen Chef: den Kastelruther Thomas Fill. Seine bisherigen beruflichen Stationen lesen sich wie eine kleine Weltreise: Er hat in São Paulo, New York City und London gearbeitet, und zwar für große Firmen, die mit dem  Bereich Lebensmittel wenig zu tun haben: Fast 15 Jahre lang war Fill in verschiedenen Positionen für Bayer Consumer Care tätig, bevor er zu Johnson & Johnson wechselte. Im Jahr 2019 kehrte er nach Südtirol zurück und begann seine Tätigkeit als Head Insights & Strategy bei IDM Südtirol. Seit dem 1. Jänner 2024 ist er der neue Direktor Agrar.

Lebensmittel aus Südtirol als Teil der Identität
Als solcher ist Thomas Fill auch in der aktuellen Folge des „Südtiroler Landwirt“-Podcasts „Zuaglost“ zu Gast (siehe eigener Kasten auf S. 17), und er berichtet dabei auch, wie er in seiner Zeit im Ausland mit Südtiroler Produkten in Kontakt geblieben ist: „Ob es Südtiroler Wein in New York war oder Südtiroler Äpfel in Brasilien, Lebensmittel aus Südtirol waren für mich immer ein Bezugspunkt zu meiner Heimat und ein Teil meiner Identität. Darum freue ich mich jetzt auch, mit diesen Produkten zu arbeiten  und sie voranzubringen.“ Konkret unterstützt IDM Südtirol die Vermarktung von Lebensmitteln mit den europäischen Herkunftsbezeichnungen „geschützter Ursprung“ (g. U.) und „geschützte geografische Angabe“ (g. g. A.) sowie mit dem Qualitätszeichen „Qualität Südtirol“: Zu den ersteren gehören bekanntlich Äpfel und Speck, aber auch der Wein (DOC), zu den letzteren unter anderem Milchprodukte, Gemüse, Beerenobst, Honig, Kräuter und Gewürze, Bier, Fleisch  und seit Kurzem auch die Kaminwurzen.

Der Aufbau des Agrarmarketings bei IDM Südtirol
Konkret arbeiten im Bereich Agrar bei IDM rund 20 Personen. „Dazu gehören einmal die Produktmanager, die für die einzelnen Produktgruppen zuständig sind. Ein zweiter Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeitet mit den Verkaufspunkten zusammen und versucht, die Produkte im Lebensmitteleinzelhandel besser sichtbar zu machen. Wieder ein anderes Team arbeitet gemeinsam mit den Konsortien für Wein und Apfel sowie dem Sennereiverband an Projekten, die über die EU kofinanziert werden“, erklärt Fill. Darüber hinaus ist das Agrarmarketing auch in engem Kontakt mit anderen Bereichen innerhalb von IDM Südtirol: „Die Abteilung Marketing übernimmt die Produktion von Werbemitteln und deren Veröffentlichung, der PR-Bereich kümmert sich um die Auswahl und Betreuung der Journalisten, das Team International unterstützt das Agrarmarketing bei den Messeauftritten. Diese interne Vernetzung hilft uns ungemein bei der Umsetzung unserer Ideen und ist ein Vorteil, den die Struktur IDM Südtirol uns bietet“, ist Fill überzeugt.
Genauso wichtig in der täglichen Arbeit sind aber auch die externen Partner, zu denen im Bereich Agrar natürlich auch der Südtiroler Bauernbund zählt. „Hervorzuheben ist hier sicherlich die Zusammenarbeit mit den Bäuerinnen, die bereits seit Jahren als Botschafter für Apfel- und Milchprodukte in den Schulklassen unterwegs sind und so wertvolle Aufklärungsarbeit leisten“, erklärt Fill. Auch die Apfelführungen, bei denen Einheimische und Gäste mehr über die Produktion von Südtiroler Äpfeln lernen können, sind gefragter denn je. „Allein im vergangenen Jahr haben wir damit über 12.000 Menschen erreicht“, freut sich Fill.

Internationalisierung über Publikums- und Fachmessen
Die Internationalisierung spielt im ganzen Tätigkeitsprogramm von IDM Südtirol eine zentrale Rolle, für die Agrarprodukte zählen dazu vor allem verschiedene Messeauftritte, die nach wie vor ein sehr wichtiger Teil der Vermarktung sind. „Die bekannteste dieser Messen ist sicherlich die Grüne Woche in Berlin, die ja immer auch ein Treffpunkt für Politik und Verbandsvertreter ist. Aber auch die Fachmessen wie die Fruit Logistica in Berlin, die ProWein in Düsseldorf, die Vinitaly in Verona oder die WINE Paris sind für uns ganz wichtige Termine“, zählt Fill auf. Vor allem der Wein ist längst ein Exportschlager, immer bedeutender werden hier etwa auch Länder wie Japan, wohin immerhin 400.000 Flaschen Südtiroler Wein pro Jahr exportiert werden. Auch das Publikum, das nach Südtirol kommt, wird immer internationaler. „Im Winter haben wir beispielsweise immer mehr Gäste bei uns, die aus Ländern wie Polen kommen. Wenn es uns gelingt, auch diese Menschen für unsere Produkte zu begeistern, dann bringt das allen etwas, vor allem jenen, die vom Verkauf der Produkte leben“, weiß Fill.

Wie IDM Südtirol den lokalen Markt bearbeitet
Neben dem internationalen spielt in den Überlegungen von IDM Südtirol auch der lokale Markt – sprich Italien und im speziellen Südtirol – eine bedeutende Rolle. „Auch Herr und Frau Südtiroler sollen unsere wertvollen landwirtschaftlichen Produkte kennen und dann auch kaufen. So machen wir etwa Gewinnspiele, bei denen Konsumenten am Ausgang von Geschäften zeigen können, dass sie lokale Qualitätsprodukte gekauft haben und damit auch tolle Preise gewinnen können“, berichtet Fill. Zusätzlich versucht IDM Südtirol, über gezielte Aktionen auch die Feriengäste anzusprechen und zum Kauf Südtiroler Qualitätsprodukte zu animieren. „Die Zusammenarbeit von Landwirtschaft und Tourismus soll ja nicht nur ein Schlagwort sein, sondern konkret mit Inhalten gefüllt werden. Das fängt bei der Ausbildung der Köchinnen und Köche an, geht bei der Schulung von Weinbotschaftern in Skigebieten und Weinbauregionen weiter und reicht bis zur verstärkten Verwendung heimischer Rohstoffe in den Küchen unserer Hotels und Restaurants“, zählt Fill auf. Schon im Landestourismusentwicklungskonzept steht die Verbindung von Landwirtschaft und Tourismus im Fokus. „Der Gast, der nach Südtirol kommt, sucht regionale Produkte. Er möchte sie verkosten und kaufen, aber er bekommt sie nicht immer.  Zum einen, weil natürlich nicht immer alles verfügbar ist. Zum anderen aber auch, weil das Bewusstsein bei manchen Gastwirten für den Wert heimischer Lebensmittel und für den Wunsch des Gastes danach immer noch verbesserungswürdig ist“, räumt Fill ein.

Arbeit von IDM Südtirol erklären
All diese Maßnahmen haben – so Fill – ein übergeordnetes Ziel: die Wertschöpfung für die heimischen Bäuerinnen und Bauern, also die Produzenten der Lebensmittel, zu erhöhen und damit ihr Einkommen aufzuwerten. „Uns ist bewusst, dass nicht immer gleich auf Anhieb erkennbar ist, wie eine Aktion, die wir vorantreiben, sich unmittelbar auf das Einkommen unserer Bäuerinnen und Bauern auswirkt. Wir werden auch die Arbeit von IDM Südtirol selbst noch besser erklären müssen“, betont Fill. Nicht zuletzt scheint auch der politische Rückhalt für IDM Südtirol gegeben zu sein. Die vom ehemaligen Landwirtschafts-Landes­rat Arnold Schuler angekündigte und von seinem Nachfolger Luis Walcher fortgeführte Stärkung des Agrarmarketings mit ­mehreren Millionen Euro pro Jahr soll vor allem der Berglandwirtschaft zugute kommen: „Wir alle wissen, dass die Situation für die Bergbäuerinnen und Bergbauern im Land besonders schwierig ist. Jedes Jahr hören um die 100 Milchlieferanten auf, das ist ein besorgniserregendes Zeichen. Denn schließlich haben wir Milchprodukte in höchster Qualität, die wir auch in Zukunft noch unseren Konsumenten und Gästen anbieten wollen. Wir müssen die Positionierung der Südtiroler Milchprodukte vor allem auf dem italienischen Markt noch einmal deutlich verbessern, um hier wieder mehr Wertschöpfung für unsere Milchwirtschaft herauszuholen.“, unterstreicht Fill.

Südtirol als Herkunft hochwertiger Lebensmittel positionieren
Außerdem soll mit diesen zusätzlichen Gelder die Positionierung Südtirol allgemein als Produzent hochwertiger Lebensmittel gestärkt werden. Auch den Weintourismus sieht Fill noch durchaus ausbaufähig: „Wenn wir an die Toskana, das Piemont oder die Champagne denken, wo die Gäste hinfahren, um dort konkret Wein zu erleben, dann gibt es bei uns noch Luft nach oben“, erklärt Fill, der IDM Südtirol als Ideenschmiede und als Dienstleister für Ideen sieht, wie man Südtirol weiterentwickeln und bekannter machen kann. „Wir können unsere Ideen aber niemals ohne unsere Partner umsetzen, egal ob das nun die Verbände wie der Bauernbund oder der HGV, die schon genannten Konsortien für den Wein oder den Apfel oder der Sennereiverband, aber auch Einrichtungen wie die Uni Bozen oder die Eurac sind“, betont Fill.

„Agrarmarketing bei IDM Südtirol gut aufgehoben“
Auf Diskussionen über eine Neuausrichtung des Agrarmarketings angesprochen, hat Fill schließlich eine klare Meinung: „Ich sehe das Agrarmarketing bei IDM Südtirol sehr gut aufgehoben. Ich habe ja schon die gute interne Zusammenarbeit mit den anderen Abteilungen im Haus erwähnt. So entstehen Synergien, die man nicht hätte, wenn wir diese Struktur nicht hätten. Das ist nicht nur  für den Arbeitsablauf von Vorteil, sondern spart auch Zeit und Geld.“

Thomas Fill ist auch in der aktuellen Folge des Podcasts „Zuaglost“ zu Gast.

Bernhard Christanell

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